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Medienkompetenz in Kita und Grundschule

Digitale Medien sind auch im Alltag von Kita- und Grundschulkindern schon präsent. Die Kita zu einem „medienfreien Schutzraum“ erklären zu wollen, kann daher nicht funktionieren. Digitale Medien zu verteufeln oder so zu tun, als gäbe es sie nicht, wäre aus pädagogischer Sicht unsinnig. Besser ist, die Kinder auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen. So kann schon früh medienpädagogisch gearbeitet werden. Die Entwicklung von Medienkompetenz hat langfristige Auswirkungen auf persönlichen Alltag, Schule und Beruf: Je früher hier angesetzt wird, desto umfassender kann Medienerziehung wirken.

von Kerstin Butenhoff
31.08.2022

Elternkompetenz | © Maria Suckert
Eltern im Eltern-Café | © Maria Suckert

Kerstin Butenhoff ist DigitalCoach, Medienpädagogin und zertifizierte Eltern-Medien-Beraterin der Aktion Kinder- und Jugendschutz des Landes Brandenburg. Kerstin Butenhoff arbeitet als Referentin zum Thema Frühkindliche Medienbildung für das Brandenburgische Bildungsministerium und steht für Weiterbildungen in Kitas und anderen Einrichtungen zur Verfügung.

 

Medienerziehung in Kita und Grundschule beginnt schon beim Sprechen über die liebsten Fernseh-Charaktere: Warum wird eine Serie oder Sendung gern gesehen? Warum sind bestimmte Figuren Vorbilder oder Helden für die Kinder? So erfahren Erzieherinnen und Erzieher schon einiges über die Mediennutzung der Kinder und können dies in den Kindergartenalltag integrieren: Welche Bedeutung haben Medien für die Kinder, wie werden sie durch Medien schon beeinflusst, wie sieht der Medienalltag aus? Um Inhalte aufnehmen und verstehen zu können, müssen schließlich bestimmte entwicklungspsychologische Voraussetzungen gegeben sein. Die Kinder hier eng zu begleiten und altersgerechte Angebote zu machen oder den Eltern Tipps für den Umgang mit digitalen Medien im Familienumfeld zu geben, ist ein wichtiger Bildungsauftrag von Erzieherinnen und Erziehern, Hortnerinnen und Hortnern. Für die Planung von Medienangeboten ist daher wichtig, die Entwicklungsschritte der Kinder zu berücksichtigen. Denn Aufgabe von Kindergärten ist, sich an der Lebenswelt der Kinder zu orientieren und entsprechende Angebote zu erstellen.

 

Viel spannender ist aber, wenn die Kinder selbst aktiv werden können:

 

das kann Spaß machen, überraschend kreativ sein und das Lernen im Kita- und Grundschulumfeld bereichern. Kinder lernen am besten, wie Medien funktionieren und auch wie sie uns beeinflussen, indem sie sie selbst erstellen. Dabei müssen gar keine riesigen Projekte mit einer 1-zu-1-Tablet-Ausstattung auf die Beine gestellt werden. Oft sind kleine, spontane Einsätze mindestens genauso interessant. So kann mit einer Digitalkamera die Umwelt erkundet und so Gesprächsansätze geboten werden: Wo wurde auf dem Spaziergang die Pfütze fotografiert, wo haben wir das Spinnennetz entdeckt – und sitzt die Spinne eigentlich noch drin: Kann man das auf dem Foto erkennen? Heute fotografieren wir nur Dinge die grün sind, heute Dinge, die mit Zahlen zu tun haben: Hausnummern, Tempolimits oder ähnliches. Vorbereitend kann kindgerecht über das Recht am eigenen Bild gesprochen werden. Fotografiert wird nur nach vorheriger Zustimmung der Menschen, die auf dem Bild zu sehen sind – dies beachten selbst viele Erwachsene nicht! Selbst kleine Recherchen im Internet sind mit Tablets oder PCs schon möglich: Sichere Suchmaschinen, die kindgerechte Seiten vorab filtern und dann in eine sogenannte Whitelist aufnehmen, sind beispielsweise „Blinde Kuh“, „Frag Finn“ oder „Helles Köpfchen“.

 

Je aktiver Kinder hier werden können, desto mehr Verständnis entwickeln sie für die Medienrealität in ihrem Alltag:

 

Fotos zeigen, dass immer nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit gezeigt wird: Stop-Motion-Videos oder Hörspiele, dass nicht alles echt ist, was man in Filmen oder im Fernsehen sieht oder hört. Auch in der Medienbildung in Kita und Grundschule kommt es also darauf an, nicht nur das technische Verständnis zu vermitteln, sondern auch Chancen und Risiken wie die Manipulation von Inhalten. Schon im Grundschul- und Hortbereich sollten zusätzlich, da sich hier bereits vermehrt Kinder ohne elterliche Begleitung in sozialen Netzwerken bewegen, Gefahren wie Cybermobbing, Hatespeech, Fake News und die Konfrontation mit jugendgefährdenden Inhalten thematisiert werden. Wer außerdem zum ersten Mal selbst einen Roboter zum Laufen gebracht hat, entwickelt mathematisches Verständnis und ein Gefühl dafür, wie Apps funktionieren und einerseits welcher Aufwand hinter Spielen und Webseiten steht, dass sie andererseits aber auch kein Hexenwerk sind. Selbstverständlich kann im Kita- und Grundschulbereich nur eine Grundlage geschaffen und ein kleiner Beitrag geleistet werden – gänzlich von sich gewiesen werden kann die Medienbildung aber auch in diesen Altersgruppen nicht.

 

Digitale Medien bieten außerdem die Möglichkeit der Differenzierung und Individualisierung.

 

So können Apps mit kleinen Logikspielen oder Matheaufgaben alters- und entwicklungsgerecht einsetzt werden: Verschiedene Schwierigkeitsgrade oder sich in der Komplexität steigernde Level bieten Anreize für Kinder, die besonders fit sind in einem Themengebiet und gleichzeitig auch für jene, denen der Zugang noch schwerfällt. So bereichern und unterstützen digitale Medien auch Lernsituationen.

 

Um den reibungslosen Ablauf medienpädagogischer Angebote in Kita, Grundschule oder Hort gewährleisten zu können, sollten auf jeden Fall auch die Eltern einbezogen werden. Das kann auf verschiedenem Wege funktionieren. So können Projekte als gemeinsame Familien-Nachmittage in der Kita durchgeführt werden. Alternativ kann auch auf themenbezogenen Elternabenden auf Chancen und Risiken der Mediennutzung hingewiesen werden. Dozentinnen und Dozenten vermittelt beispielsweise die Aktion Kinder- und Jugendschutz des Landes Brandenburg oder der Landesfachverband Medienbildung Brandenburg.

 

Umfangreiche Ideen für medienpraktische Projekte

 

gibt es beispielsweise vom Medienkindergarten Wien, im Scout Magazin von der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, von Blickwechsel, einem Verein für Medien- und Kulturpädagogik, vom Haus der Kleinen Forscher oder Biber, dem Netzwerk für frühkindliche Bildung. Alle bieten Anreize, erste Ideen bis hin zu umfangreichen Materialien und Anleitungen. Einzelne medienpädagogische Impulse gibt es auch in „Forscher – Das Magazin für Neugierige“, herausgegeben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Wer einen Einstieg in die Programmierung finden möchte, findet Anregungen auf internationalen Webseiten wie Code.org oder Scratch. Die Webseiten sammeln Programmier-Projekte, die im Grundschulbereich genutzt werden können. Genutzt wird die Programmiersprache Scratch, die auf einer Puzzleteil-Optik basiert: Passen die Teile ineinander, ist der Ablauf logisch und das Programm funktioniert. Auf „Programmieren mit der Maus“ lernen selbst Kita-Kinder, die noch nicht lesen oder schreiben können, mit der Maus vom WDR programmieren. Auch hier wird die Programmiersprache Scratch eingesetzt.

 

Inzwischen fördert das Bundesjugendministerium (BMFSFJ ) mit verschiedensten Projekten Eltern und Fachkräfte bei der Medienerziehung von Kindern. Das Initiativbüro "Gutes Aufwachsen mit Medien" beispielsweise ist eine zentrale Anlaufstelle für Neugierige. Das Büro unterstützt, berät und informiert pädagogische Fachkräfte und Eltern durch redaktionelle Angebote und digitale Weiterbildungsformate. Alternativ unterstützt die Initiative "Schau Hin! Was Dein Kind mit Medien macht." dabei, sich über digitale Medien zu informieren und sensibilisiert für Chancen und Risiken. Die Internetseite bietet Handlungsempfehlungen zu den Medienbereichen TV und Film, Internet, soziale Netzwerke, Games und mobile Geräte. Gefördert wird auch das Kinderseiten-Netzwerk Seitenstark e.V.. Hier arbeiten über 60 qualitative und redaktionell betreute Kinderseiten zusammen. Jedes Jahr am 21. Oktober wird der Aktionstag der Kinderseiten ausgerufen. Seitenstark e.V. bietet zudem mit "Wir machen Kinderseiten" eine Austauschplattform zum Betrieb, zur Pflege und zur Gestaltung guter Kinder-Websites an. Auch Wettbewerbe und Festivals wie der Deutsche Multimediapreis oder die Jugendmesse TINCON erhalten Unterstützung vom BMFSFJ.

 

Die Ideen sind also vielfach schon da. Und sobald die Nutzung digitaler Medien als Chance auch im Kita-Alltag verstanden wird, bieten sich völlig neue Möglichkeiten zum kreativen Handeln. Digitale Medien sind nur die Werkzeuge. Sie sind Mittel zur Selbstwirksamkeit und Information, mit denen die Bildungsarbeit abwechslungsreich gestaltet und erleichtert werden kann.

 

Kerstin Butenhoff


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